Weltraumschrott

Bevor ich im November meinen NaNoWriMo gestartet hatte, war ich mit einem anderen Projekt beschäftigt. Dazu hatte ich im Oktober etwa 20.000 Wörter als ersten Entwurf geschrieben, den ich gerade überarbeite. Irgendwie komme ich damit nicht so recht voran. Der Plot ist zwar schon vollständig, aber irgendwie scheint mir die Ausarbeitung schwerer als erwartet.

Da ich im nächsten Jahr sowieso einen Lektor suche, werde ich das Projekt vielleicht solange auf Eis legen und zwischendurch einige Kurzgeschichten schreiben, die ich hier veröffentlichen kann. Wie ich einen passenden Lektor (oder Lektorin) finden soll, ist mir auch noch nicht ganz klar. Ich hätte ganz gern jemanden, der in meinem Genre zuhause ist (also Science Fiction) und mit dem ein entspanntes aber doch konzentriertes Arbeiten möglich ist. Wahrscheinlich werde ich demnächst einige Lektoren/Lektorinnen anschreiben und um ein Probelektorat bitten.

Für alle, die sich für die Story »Weltraumschrott« interessieren, hier einmal ein kurzer Abriss des Plots mit einigen Auszügen aus der Rohfassung.

Irgendwann in der näheren Zukunft, vielleicht in fünfzig Jahren, ist die Erde so übervölkert, dass man inzwischen den Mars und einige Jupitermonde besiedelt hat. Auch der Strafvollzug wurde reformiert. Straftäter werden nun nicht mehr bequem in geräumigen Zweibettzellen untergebracht. Die schweren Jungs arbeiten in den Erzminen auf den Jupitermonden und bauen dort Rohstoffe ab. Die leichteren Fälle, wie Wirtschaftskriminelle und einfache Betrüger dürfen an einem Modellprojekt »Weltraumschrott« teilnehmen und sammeln die im Weltraum herumfliegenden Einzelteile von alten Satelliten und Raumschiffen ein.

Hier ein kurzer Auszug:

»Der Weltraum, unendliche Weiten. Von wegen, endlose Freiheit.«

Der Kommandant des kleinen Müllfrachters schwelgte mal wieder in Selbstmitleid.

»Arbeiten Sie im Weltraum, da haben Sie Ihre Ruhe. Keine lästigen Kunden, keine Anrufe und niemand will irgendwas von Ihnen.«

So hatte man Ihm den neuen Job schmackhaft gemacht. Als verurteilter Häftling im Wiedereingliederungsprogramm hatte er sowieso nicht viele Alternativen. Wegen seiner Straftaten konnte er nur in unkritischen Bereichen arbeiten.

Mit seinen herausragenden technischen Fähigkeiten kam kein Job in Frage, bei dem er unkontrollierten Zugang zu einem Computer hatte. Immerhin hatte er in seinen besten Zeiten die Weltbörse um fast zwei Milliarden Dollar erleichtert. Hätte man ihn damals nicht gefasst, würde er sich heute auf einer kleinen Südseeinsel niederlassen und zur Ruhe setzen.

Dass ihn ausgerechnet ein Software-Bug ans Messer geliefert hatte, konnte er immer noch kaum glauben. Niemand hatte seine Spuren zurückverfolgen können, bis diese verflixte Sicherheitslücke seine IP-Adresse ungefiltert durchgereicht hatte.

Das Projekt »Weltraumschrott« war tatsächlich eines der wenigen akzeptablen Möglichkeiten, seine Strafe abzuarbeiten. Jetzt verbrachte er die nächsten fünf Jahre damit, den ganzen kleinen Müll im Erdorbit einzusammeln. Die meisten Vorgänge liefen automatisch, aber es wurden Menschen benötigt, um den Schrott zu klassifizieren und einem sinnvollen Recycling zuzuführen.

»Hey Karl«, rief Heinrich aus dem Hintergrund, »hast du wieder deinen Moralischen?«

Heinrich war der Ingenieur an Bord des Müllfrachters. Eigentlich völlig überflüssig, immerhin war der Kommandant ein technisches Genie, aber der Strafvollzug hatte seine Vorschriften. Außerdem gab es immer noch viel zu viele Straftäter, die Ihre Zeit abarbeiten mussten. Die Raumschiffe waren wirtschaftlich deutlich günstiger als wertvolles Land für Gefängnisse zu verschwenden.

»Wusstest du eigentlich, dass man Leute wie uns früher in Gefängnisse gesteckt hat?«, fragte Karl.

»Was zum Teufel sind Gefängnisse?«

»Stell dir ein großes Gebäude vor, in dem nur Gesetzesbrecher wohnen durften. Die wurden von einer Gruppe von Leuten bewacht.«

»Erzähl keinen Scheiß« erwiderte Heinrich.

»Im Ernst, die bekamen regelmäßig zu Essen, durften nachts durchschlafen und hatten oft eine Zelle, in der nur zwei Leute untergebracht waren.«

Heinrich kam mit seinem Tablett an den Tisch und setzte sich zu Karl. Die Nahrungsration auf seinem Teller sahen nicht gerade appetitlich aus.

»Sag mal Karl, was ist das eigentlich mit deiner Vorliebe für Erdgeschichte. Findest du keinen vernünftigen Lesestoff?«

»Du weißt doch, dass ich keinen Zugang zu technischer Literatur habe. Die da unten haben Angst, ich könnte diese Kiste in eine Waffe umbauen.«

Heinrich verdrehte die Augen, so als ob er dieses Argument schon zu oft gehört hätte. »Ich bin sicher, das könntest du auch ohne technische Anleitung.«

»Aber klar doch. Die Zugangskontrolle zum Auto-Control habe ich schon vor zwei Wochen geknackt. Wir könnten also problemlos auf dem Gebäude der Zentralregierung abstürzen, wenn ich das wollte.«

Karl konnte sehen, wie Heinrich blas wurde und abrupt mit dem Kauen aufhörte. »Krieg dich mal wieder ein, Heinrich, das würde ich natürlich nicht machen.«

»Das beruhigt mich aber«, sagte Heinrich, mit einem leichten Zweifel in der Stimme.

»Dafür hänge ich zu sehr an meinem Leben«, sagte Karl, »und außerdem hätte uns die Erdverteidigung längst abgeschossen, bevor wir der Atmosphäre zu nahe kämen.«

Heinrich steckte sich ein frisches Stück grünlich-grauen Nahrungsriegel in den Mund, wobei »frisch« nicht unbedingt zutraf. Mit halbvollem Mund sagte er: »Und warum machst du dir dann die Mühe, da einzubrechen?«

»Na, weil ich es kann, natürlich«, erwiderte Karl. »Ich habe diesen Himmelfahrtsjob nicht angenommen, weil es hier draußen so schön ruhig ist. Auf dem Raumschiff kontrolliert uns niemand, da kann man sich leicht ein Hobby zulegen.«

»Du vergisst die ständige Fernüberwachung«, erwiderte Heinrich.

»Die Kameras? Die kannst du vergessen. Ich bin schon zu oft in deren Systeme eingebrochen, als ich noch auf der Erde war. Alle Videos werden durch eine künstliche Intelligenz, der großen KI, ausgewertet. Nur wenn irgendwas Verdächtiges passiert, werden die Aufnahmen einem Menschen gezeigt.«

»Und das Einbrechen in Auto-Control ist nicht verdächtig?«

»Nicht wenn man vorher eine Endlosschleife in den Videofeed eingebaut hat.«

»Du hast echt zuviel Langeweile«, Bemerkte Heinrich, »Ich muss wieder zur Schleuse. Die Sammeldrohnen müssen wieder hereingeholt werden.«

»Was immer dich glücklich macht. Wir sehen uns später.«

Alles ist optimal automatisiert und die Erde überwacht ihre Schrottsammler per Videostream, wobei praktisch alle Entscheidungen von einer künstlichen Intelligenz (KI) getroffen werden. Menschliche Mitarbeiter in der Regierung, und auch im Strafvollzug, bestätigen diese Entscheidungen stichprobenartig, um die Effizienz der KI zu verbessern.

Bei einem Routine-Sammelvorgang fällt einem dieser Schrottsammlerteams ein außerirdisches Gerät in die Hände, mit dem sie einen ersten Kontakt zu einer außerirdischen Rasse herstellen können. Karl, der Leiter des Teams ist geschickt genug, um diese Entdeckung vor der Videoüberwachung zu verstecken. Das Team entscheidet, der Erde nichts von dem Fund zu erzählen, denn sie wittern eine Möglichkeit, wie sie diesen Kontakt zu den Aliens zu ihrem Vorteil nutzen können.

Es stellt sich heraus, dass die Außerirdischen routinemäßig kleine Satelliten mit Sensoren zu bewohnten Planeten schicken, um deren Umgebung und Kommunikation zu erforschen. Die Daten können in Echtzeit übertragen werden, obwohl deren Heimatplanet viele Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Man verwendet dazu eine Eigenschaft der Quantenphysik, die man allerdings auf der Erde noch nicht für solche praktischen Zwecke einsetzen kann. Die Fremden hören unter anderem die Funkkommunikation ab, die allerdings für irdische Zwecke hauptsächlich zur Verbreitung von Unterhaltungssendungen genutzt wird.

Da es auf der Erde praktisch keine Jobs mehr gibt, schließlich kann die KI fast alle Arbeiten übernehmen, ist die Unterhaltungsindustrie fast die einzige noch aktive Branche. Leider können die Außerirdischen keinen Unterschied erkennen, ob eine Sendung Nachrichtencharakter hat oder ob es sich um reine Unterhaltung handelt. Hier sehen die kriminellen Schrottsammler die Gelegenheit, eine möglicherweise geplante Invasion zu verhindern. Schließlich überzeugen sie die Fremden davon, dass die Erde mit den modernen Waffen, die jedoch hauptsächlich in Science-Fiction Serien existieren, ein ernstzunehmener Gegner ist.

Hier ein weiterer Auszug aus dem vorläufigen Skript:

»Also fassen wir mal zusammen«, sagte Heinrich, der mit den Anderen am Tisch im Pausenraum saß. Sie mussten etwas essen, um bei Kräften zu bleiben, immerhin sollten ja die Routineaufgaben weiterhin erledigt werden. Allerdings hatte niemand wirklich Hunger oder gar Appetit auf die künstlichen Rationen.

»Die Fremden beobachten unsere Fernsehserien, Nachrichtensendungen, Quiz- und Comedyshows. Aber sie haben offenbar keine Fantasie, denn scheinbar können Sie Fiktion nicht von Fakten unterscheiden.«

»Ist sowas überhaupt möglich?«, fragte Sara.

»Warum nicht? Es gab früher mal eine Expedition auf der Erde, die fand ein Volk von Ureinwohnern, die keine Begriffe wie links oder rechts kannten. Die haben alle Richtungen nur über die Himmelsrichtung also Osten oder Westen angegeben«, sagte Robert.

»Und wieder ein Punkt für den History-Kanal«, unkte Heinrich. »Aber tatsächlich könnte sich irgendwo intelligentes Leben entwickelt haben, das abstrakte Begriffe wie Fiktion, Ironie oder Sarkasmus nicht kennt.«

»Es gab früher auf der Erde Menschen, die litten unter einer Entwicklungsstörung, die Autismus genannt wurde. Die konnten auch bei einer Unterhaltung nicht am Gesicht erkennen, ob das Gegenüber gerade glücklich oder traurig schaute«, bemerkte Sara.

»Wir spekulieren hier natürlich nur«, sagte Karl, »aber diese Aliens scheinen uns um einige hundert Jahre voraus zu sein, zumindest was die Technik anbelangt.«

»Ich sag ja immer, ohne Hollywood hätte sich die Menschheit viel schneller entwickelt«, scherzte der Doktor.

Niemand lachte.

Karl griff den Gedanken wieder auf: »Wenn die uns wirklich als Bedrohung betrachten, sollten wir das sehr ernst nehmen. Wer weiß was die mit uns machen können, wenn sie schon unbemerkt Sonden und Sensoren herschicken können, die auch noch in Echtzeit mit ihnen kommunizieren.«

»Aber wie lange würden die brauchen, wenn sie uns angreifen wollten? Nochmal 130 Jahre?«, fragte Robert.

»Ich glaube, die erzählen uns nicht alles, was sie wissen«, sagte Heinrich, »können wir denn sicher sein, dass die nicht schon mit großen Raumschiffen unterwegs sind. Wer schickt denn Sonden, nur um Fernsehsendungen zu überwachen?«

»Und schlechte noch dazu«, versuchte der Doktor noch einmal lustig zu sein.

Ohne Erfolg.

»Wir sollten darüber schlafen und entscheiden, welche Informationen wir denen geben sollten. Davon könnte abhängen, ob wir von einer Invasionstruppe überrollt werden, oder ob die sich das zweimal überlegen, uns anzugreifen.«

Schließlich gelingt es den Schrottsammlern, mithilfe des gefunden Gerätes und guten Beziehungen mit den Aliens, der Kontrolle der Erde zu entkommen und zu fliehen. Am Ende tauchen noch befreundete Weltraumpiraten auf, die dem Team bei der weiteren Flucht helfen.

Am Ende habe ich eine überraschende Wendung geplant, die sich auch recht gut für eine Fortsetzung der Story eignen würde.