Erster Kontakt – Treffen auf dem Ozean

wal»Warum, verdammt nochmal, dümpeln wir mitten im Pazifik herum?«

Steve Hayes, eben noch mit den Messinstrumenten beschäftigt, zuckte zusammen, als er den Colonel neben sich bemerkte. Als beratender Linguist und Verschlüsselungsexperte auf dieser Mission war er es leid, diesem aufgeblasenen Hohlkopf in Uniform, ständig seine Arbeit zu erklären. Der Umgang mit dem Militär verstärkte den Brechreiz, den er auf hoher See sowieso unaufhörlich spürte. »Nun, das weiß ich nicht«, erwiderte er. »Vielleicht glauben sie, es wäre für beide Seiten sicherer, sich auf dem Wasser zu treffen.

Der Colonel ließ ein abfälliges Brummen vernehmen. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er dem Wissenschaftler, den er für einen verschrobenen Spinner hielt, weder Respekt noch Verständnis entgegenbrachte. Erneut beugte er sich über die Instrumente, die Hayes installiert hatte. »Nichts zu sehen! Wann werden sie endlich auftauchen?«

»Keine Ahnung! Die Anweisungen waren nicht ganz klar, aber ich bin sicher, dass wir Position und Datum korrekt entschlüsselt haben.«

»Vielleicht ist Ihnen ja beim Übersetzen der Nachricht ein Fehler unterlaufen?«, sagte der Colonel in einem Tonfall, den er in den letzten zwölf Stunden kultiviert hatte und der sich wie ein Dampfkessel kurz vor der Explosion anhörte.

»Wir haben in den vergangenen sechs Monaten gewaltige Fortschritte gemacht, ihre Sprache zu verstehen. Trotzdem gibt es natürlich immer Unsicherheiten.« Hayes fühlte einen Schweißtropfen an seiner linken Augenbraue entlang laufen. Er hoffte, dass er die Daten korrekt interpretiert hatte. Ärgerlich genug, dass ihn dieser Colonel ständig in Frage stellte. Wenn er sich vorstellte, dass ihm tatsächlich ein Fehler unterlaufen sein könnte, drehte es ihm den Magen um. Schließlich war das kein Campingausflug. Auf seine Empfehlung hatte die Regierung fünf Millionen Dollar bewilligt, um die kleine Flotte mit den nötigen Messgeräten in den Pazifik zu schicken.

Ein schriller Alarmton ließ ihn zusammenzucken.

»Was ist passiert?«, rief der Colonel gereizt.

»Schauen Sie nach draußen, Sir!«, sagte der Steuermann.

Hayes sah, dass direkt neben ihnen ein gewaltiges graues Objekt mit glänzender Oberfläche auftauchte. Eine Fontäne feiner Wassertröpfchen spritzte in die Höhe. Er erkannte jetzt das Blasloch eines Wals. Der musste, wie er schätzte, gut 20 Meter lang sein. Das Tier schwamm dichter an das Schiff heran und er fürchtete, es wolle das Schiff rammen. Doch nach wenigen Sekunden tauchte es wieder ab und ein gigantischer Schwall Wasser ergoss sich über das Deck, als der Koloss seine Heckflosse in die Höhe streckte. Das konnte nur ein ausgewachsener Pottwal sein. Der Wissenschaftler blickte angestrengt auf seine Instrumente: »Da folgen noch drei weitere! Kommen rasch näher!«

Minuten später brodelte das Wasser. Zu den Walen hatten sich auch einige Delfine gesellt, die in der für sie typischen Weise, fröhlich aus dem Wasser sprangen und das Schiff spielerisch umrundeten. Hayes traute seinen Augen kaum. Er fühlte sich in seine Kindheit versetzt, in eine Zeit, als ihn seine Eltern nach Sea-World mitgenommen hatten.

»Irgendeine schlaue Idee, was da passiert, Mister Wissenschaftler?« Der Colonel hatte kaum seine Frage ausgesprochen, als sich der Himmel verdunkelte. Am Himmel zeigte sich eine dunkle Wolke, die scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht war und stetig dunkler wurde. Er betätigte einen Schalter am Sprechgerät und brüllte: »Funker! Rundruf an die Flotte! Bericht! Ich will wissen, was da draußen los ist.«

Es dauerte zwei lange Minuten, bis die Sprechanlage quäkte: »Colonel! Radar meldet ein unbekanntes Flugobjekt. Position: achthundert Meter über uns. Spannweite fast dreihundert Meter.«

»Warum haben wir es nicht kommen sehen?«

»Unbekannt, Sir. Es scheint plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht zu sein.«

Die Wolke war inzwischen einer stumpfen grauen Fläche gewichen, die Hayes auf den ersten Blick an seine teflonbeschichtete Pfanne erinnerte. Er ertappte sich, wie er unwillkürlich an Essen denken musste, und fragte sich, ob er gerade dabei war, verrückt zu werden. Ein leises, fast unhörbares Summen, das von der Bratpfanne über ihnen ausging, ließ ihn wieder auf seine Messgeräte schauen. »Die Instrumente empfangen eine Nachricht, die von dem fliegenden Objekt kommt.«

»Was sagen sie, Mister Hayes?«

Hayes´ Gesicht wurde kreidebleich. »Colonel, ich fürchte, sie sprechen überhaupt nicht mit uns.«

Mit weit aufgerissenen Augen lauschten sie den Signalen, mit denen die Wale antworteten.