Der außerirdische Besucher – eine vegane Kurzgeschichte (Teil 2)

Heute erscheint der zweite Teil der Kurzgeschichte, die ich auf insgesamt vier Blogartikel verteile. Den ersten Teil findet ihr hier: Der außerirdische Besucher – eine vegane Kurzgeschichte (Teil 1)

»Wenn es nicht zu aufdringlich ist, würde ich einfach gern Ihren Alltag beobachten.«

Big Brother vom anderen Stern. Das fehlte mir gerade noch. Aber ich hatte sowieso nichts besseres vor, daher sagte ich: »Na schön. Ich habe auf jeden Fall Hunger. Möchten Sie vielleicht mitessen?«

»Das wäre ganz fantastisch, vielen Dank!«

»Gut, dann trinken Sie weiter Ihren Tee, ich gehe in die Küche und koche uns etwas.«

»Wenn es Sie nicht allzu sehr stört, begleite ich Sie.«

»Das geht auch, aber stehen Sie bitte nicht im Weg!«

Ich hatte vor, mir an diesem Abend ein veganes Saitanschnitzel zu braten. Als Beilage sollte es Naturreis geben, und es lag noch ein Bund Brokkoli im Gemüsefach. Das würde für zwei Personen reichen. Ich müsste allerdings am nächsten Tag schon wieder einkaufen.

»Welches Fleisch werden Sie heute zubereiten?«, fragte Kaminski, der erneut mit seinem Tablet beschäftigt war.

»Kein Fleisch, ich bin Veganer!«

Kaminski blickte sichtlich verdutzt vom Bildschirm auf und rief: »Das ist unmöglich!«

»Warum?«

»In dem Sternensystem, das Sie Wega nennen, sind alle Planeten unbewohnt. Sie können niemals Weganer sein!«

Jetzt war es an mir, überrascht zu schauen. »Sie kennen die Gegend um die Wega? Dieser Stern ist doch zig Lichtjahre von hier entfernt?«

Er wischte wieder auf dem Tablet herum. »25,05 – um es genau zu sagen. Leider darf ich über meine Reiseziele nicht sprechen – Datenschutz, Sie verstehen?«

Ich verstand und musste wegen der Verwechslung schmunzeln. »Veganer bedeutet, dass ich mich vegan ernähre. Ich meide also neben Fleisch auch andere Speisen und Produkte, die tierische Bestandteile enthalten.«

Er wischte nochmal, stutzte, wischte erneut. »Offenbar eine seltene Philosophie auf der Erde. Anscheinend gehören Sie zu etwa einem Prozent der Bevölkerung, die diese Gesinnung verfolgt. Hat das religiöse Gründe?«

»Nein, das hat vernünftige Gründe. Für die Produktion von einem Kilo Rindfleisch wird ein vielfaches an Futter benötigt. Dazu kommt ein enormer Verbrauch an Wasser. Würde man das Getreide direkt verwerten, könnte man durch Nutzung der gleichen Landmasse deutlich mehr Leute ernähren, und wir hätten kein Hungerproblem.«

»Sie haben ein Hungerproblem?« Er konsultierte erneut sein Gerät. »Meine Informationen zeigen, dass viele Menschen überernährt sind und Gewicht verlieren wollen.«

»Das stimmt nur für die Industrieländer. Hat Ihre Wikipedia, oder was auch immer Sie da benutzen, nicht auch Fakten über Entwicklungsländer?«

Er fuhr wieder mit dem Finger über das Gerät. »Entwicklungsländer: Afrika, Hungersnöte, zu wenig Wasser. Ich sehe, was Sie meinen.«

»Und dazu kommt der Klimawandel. Durch ihn wird es in diesen Ländern immer schwieriger, Nahrung anzubauen. Durch Massentierhaltung wird der Effekt noch beschleunigt.« Ich blickte in ein ratloses Gesicht. Wenn die Außerirdischen alle so schlecht recherchierten, mussten wir uns wohl wegen einer drohenden Invasion keine Sorgen machen.

»Ja, da habe ich was: Wiederkäuer wie Rinder produzieren im Rahmen der Verdauung Methangas, welches als Treibhausgas deutlich wirksamer ist als Kohlendioxid, das Ihre Spezies so erfolglos einzudämmen versucht.«

Offenbar hatte ihn das schlaue Tablet schon über den Klimawandel informiert. Vielleicht konnte er ja eine Lösung anbieten. Ich entschloss mich, einfach zu fragen. »Wenn Sie technisch so weit fortgeschritten sind, dass Sie zu anderen Sternen reisen, können Sie uns bestimmt bei dem Klimaproblem helfen!«

»Tut mir leid, dazu kann ich gar nichts sagen. Sie verstehen …«

»Datenschutz?«, fiel ich ihm ins Wort.

»So ähnlich.« Schnell wischte er wieder. »Patentschutz wohl eher!«

Das wurde ja immer besser: Ich bekochte einen Außerirdischen mit einem veganen Abendessen, musste mich morgen Abend nochmal an der langen Kassenschlange anstellen und dieser arrogante Fremde wollte nicht mal bei unseren Umweltproblemen helfen.

»Wie funktioniert das genau mit Ihrer Ernährung?«, fragte mein Gast.

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